Roßmühle von Jürgen Gottfried Schmidt
Im Jahre 1847 bat der Schmied J.G. Schmidt bei der Königlichen Landrostei in Aurich um die Erlaubnis, eine Roßmühle in Schweindorf errichten zu dürfen.(Eine Roßmühle ist eine Göpelmühle, die von einem Pferd angetrieben wird.) Er habe in der Kolonie Schweindorf vor zwei Jahren ein Grundstück gekauft und ein Haus darauf errichtet. In Schweindorf und den angrenzenden Kolonien Schoo und Blomberg hätten sich in den vergangenen Jahren viele neue Siedler niedergelassen und es sei keine Getreidemühle in der Nähe. Darum sei das Bedürfnis in der Bevölkerung nach einer Mühle vorhanden, denn es sei zu beschwerlich und zeitaufwendig mit dem Mahlgut zu weiter entfernten Mühlen zu gehen. Oft werde man dort auch nicht gleich abgefertigt und müsse den Weg nochmals machen.
Die Landrostei stimmte dem Antrag zu, denn die nächsten Mühlen lagen in Utarp und Esens, was einen Weg von 1 1/4 bis 1 3/4 Stunden bedeute. Die Kolonien seien auch gewachsen. Im Jahre 1833 habe es 106 Wohngebäude mit 552 Menschen gegeben. Im Jahre 1845 seien es schon 156 Häuser mit 889 Einwohnern gewesen. Ein weiteres Anwachsen sei zu erwarten. Die Einwohner hätten schon längst eine Mühle beantragen können, hätten aber jetzt erst die Bitte zum Bau einer Mühle mit einer Unterschriftenliste eingereicht. Die Landrostei hatte keine besonders gute Meinung von den Kolonisten:„Obgleich unsere meisten Kolonisten noch faule, oder doch sorglose Menschen, ohne Triebkraft und ohne Bekümmernis um den folgenden Tag sind, die den Zeitverlust durch die Reisen zu den entfernten Mühlen nicht sehr empfinden, so darf man doch darnach das Maaß nicht nehmen.“
Der Bau einer Mühle sei zu bewilligen, doch die Müller der Nachbarmühlen in Utarp, der Hedlefssche Mühle in Esens und der Klostermühle bei Esens seien dazu anzuhören. Aber diese könnten wohl keine Einwände haben, da sie schon bestanden, als in den Kolonien noch „menschenlose Wildnisse“ bestanden. Auch sei der Bau einer Mühle in Blomberg zu gestatten. Da die Müller durch den Mahlbetrieb alleine nicht existieren könnten, sollten sie mit Torfgraben und Landwirtschaft etwas dazu verdienen.
Der Müller Eime H. Schipper aus Utarp wandte sich an das Amt Esens und sprach sich gegen eine Mühle in Schweindorf aus, Zwar sei den Kolonisten eine Mühle zu gönnen, aber nicht in zu großer Nähe von seiner Mühle. Damit würden ihm Mahlgäste abgezogen. Auch die Besitzer anderer Mühlen in der Umgebung Witwe Renken von der Klostermühle, Witwe Reinders aus Esens und H. Hedlefs aus Esens sprachen sich gegen die neuen Roßmühlen in Schweindorf und Blomberg aus. Diese Einwände wurden aber abgewiesen, da diese Mühlen schon vor der Gründung der Kolonien bestanden hatten und existieren konnten. In den Kolonien seien aber neue Mahlkunden angesiedelt worden.
Die Genehmigung zum Bau je einer Roßmühle mit einem Mahlgang wurde am 5. Juni 1847 Jürgen Gottfried Schmidt in Schweindorf und Jacob Frerich Braams in Blomberg erteilt. Als Gebühr waren jährlich 2 ½ Reichtaler in Gold an das Amt Esens zu entrichten. Schmidt und Braams bedankten sich für die erteilten Genehmigungen, gaben aber zu Bedenken, dass ein Mahlgang nur zur Mehlherstellung nicht ausreiche. Sie baten deshalb um die Erlaubnis zur Erweiterung ihrer Mühlen um einen Peldegang und eine Vorrichtung zur Herstellung von Hafer- und Buchweizengrütze. Sie begründeten: „Abgesehen nun auch von dem uns dadurch zu Theil werdenden Vortheile, so gereicht solche Erweiterung den Colonisten nicht nur zur Bequemlichkeit, sondern zum wahren nachhaltigen Nutzen, zumal sie alsdann die ihnen durch die Beförderung ihres Getreides zu den Mühlen bei der Stadt Esens beraubt werdende Zeit zur Cultivierung ihrer Colonate oder zu einem anderen nützlichen Zwecke verwenden würden; auch vielen von den, dem Faulenzen und der Trunksucht ergebenen Colonisten, welche bei Gelegenheit des Abholens ihres bereiteten Kornes von den Mühlen, dem Laster in der Stadt nachgehen, dazu keine Gelegenheit geboten würde.“
Das Amt Esens nahm Stellung zu dem Antrag und befürwortete ihn: „Der Grund welcher die Erlaubnis zur Erbauung einer Roßmühle mit einem Mahlgange motivierte, liegt auch in eben dem Maße hier vor, weil ohne Graupen und Grütze ebenso wenig im ländlichen Haushalte fertig zu werden ist, als ohne Mehl. Man hat es dadurch den Kolonisten möglich machen wollen, ihre notwendigen und unentbehrlichen Lebensbedürfnisse in der Nähen zu beziehen und es unbillig und nachtheilig gefunden, dass sie genötigt waren, solche weither aus zu großer Entfernung herbeizuholen. Wenn sie das nicht mehr tun brauchen, so ersparen sie Zeit, die sie nützlicher in ihrem landwirtschaftlichen Betriebe verwenden können, und werden von denjenigen Gelegenheiten zu unnützen oder vermeidlichen Ferne gehalten, welche die Reisen zur Stadt etc. manchmal in ihrem Gefolge haben.“
Der Landwirt Eime Heyen Simons, dessen Schwiegersohn Eime Heyen Schipper die Utarper Mühle gepachtet hatte, erhob Einspruch gegen den Bau einer Roßmühle in Schweindorf. Die geplante Mühle liege nur eine halbe Stunde Weg von der Ortschaft Narp entfernt, und damit zu nahe an der Utarper Mühle. Dieser würden so Mahlkunden abgezogen. Er schlug vor, eine Mühle in Ochtersum zu errichten.
Das Amt Esens nahm dazu wie folgt Stellung: Die Kolonie Schweindorf grenzt an die Gemeinde Narp. Man hat persönlich die Gegebenheiten vor Ort besichtigt. Die Utarper Mühle liegt 3320 Schritte vom Haus Schmidt entfernt. Für diese Entfernung müsste ein beladener Mann eine Stunde benötigen. Von weiter entfernten Häusern wäre es ein noch längerer Weg. Die Bedenken des E.H. Schipper wegen des Verlustes von Mahlkunden seien unbegründet. Für die Kolonisten in Schweindorf sei eine Mühle in der Nähe vorteilhaft.
Die Mühle wurde von Schmidt offensichtlich gebaut. Wo sie genau gestanden hat, konnte noch nicht festgestellt werden. Aus den Angaben im Schriftwechsel kann man entnehmen: Narper Feld, 3320 Schritte (ca. 2,5 km) von der Utarper Mühle entfernt, Nähe einer Ziegelei. Demnach müsste die Mühle im südlichen Teil von Schweindorf etwa in der Nähe der heutigen Neuapostolischen Kirche gestanden haben.
Später im Jahre 1863 stellte J.G.Schmidt den Antrag, statt seiner Roßmühle eine Windmühle bauen zu dürfen. Außerdem will er den vorhandenen Grützgang in einen Mahlgang für Weizenmehl umwandeln.
Das Amt Esens teilte der Königlichen Landrostei in Aurich dazu mit: Der Umbau der Roßmühle in eine Windmühle würde eine Betriebsvergrößerung bedeuten. Das sei nicht ohne weiteres zulässig, da kein Mehrbedarf an Mahlkraft in der Umgebung bestehe. Feineres Mahlgut könne auch durch Einstellung der Mahlsteine erreicht werden. Eine neue Mühle sei laut Gewerbeordnung nur mit gleicher Mahlkraft zu erlauben.
Schmidt stellte den Antrag, in der geplanten Windmühle einen Weizengang an Stelle des vorhandenen Grützganges errichten zu dürfen, weil er sich einen Vorteil durch die Arbeiter der nahen Ziegelei versprach. Ein Sachverständiger sollte die erforderliche Mahlkraft feststellen. Er wolle nur eine Windmühle mit gleicher Mahlkraft wie seine Roßmühle errichten. Das sei ihm zu erlauben. Ansonsten wolle er sich an das Ministerium in Hannover wenden. (Es ging dabei um Vorschriften aus der Gewerbeordnung.)
Der Landbaumeister Blohm wurde als Sachverständiger beauftragt, die Lage zu beurteilen. Er meinte, Schmidt erkläre, die Roßmühle werfe nicht genug Gewinn ab. Man könne nicht einmal ein Pferd draufhalten. Schmidt habe aber zwei, manchmal sogar 4 -5 Pferde gehalten. Auch sei nicht festzustellen, wie viel Korn jährlich gemahlen wurde und ob nur ein oder zwei Mahlgänge gleichzeitig in Betrieb gewesen seien. Ob dabei nur ein Pferd oder zwei eingesetzt gewesen seien. Auch sei eine Roßmühle kaum mit einer Windmühle zu vergleichen. Die Leistung hänge zu sehr von der Flügellänge und der Windstärke ab. Es dürfe aber nicht mehr Mahlkraft als vorher erreicht werden.
Offensichtlich wurde Schmidt die Erlaubnis zum Bau der Windmühle nicht erteilt. Es konnte kein Mühlenstandort im südlichen Teil von Schweindorf ermittelt werden.
Schon fünf Jahre später 1868 beantragte der Hausmann Friedrich Eckhoff bei der Landrostei in Aurich die Konzession zum Betrieb einer Windmühle und Genehmigung des
Müllergewerbes in Schweindorf. Er habe für den eigenen Betrieb eine Roßmühle mit
angeschlossener Dresch- und Häckerlingsmaschine. Diese sei aber nicht ausgelastet.
In der Bevölkerung bestehe auch der Wunsch nach einer Windmühle. Die Konzession wurde Eckhoff verweigert, da er nur Hausmann und kein Müller sei.
Daraufhin beschwerte er sich beim Oberpräsidenten der Provinz Hannover. Aber ohne Erfolg.